Grenzen der Mediation – Teil 2

Vor dem Hintergrund des Anschlages auf die Dortmunder Fußballer wäre am gestrigen Tage die Berichterstattung über den Besuch des US-Außenministers Rex Tillerson bei seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow beinahe untergegangen. Als ich jedoch die Zusammenfassung des Gespräches hörte, kam bei mir die Frage nach der Verhandlungsstrategie des Amerikaners auf. Glaubte dieser ausgebuffte und äußerst erfahrene Ölmanager tatsächlich, von den Russen den Kopf des Diktators Assad fordern zu können? Waren hier tatsächlich Selbstüberschätzung oder Unwissen – die beiden größten Feinde der Mediation – am Werke, oder steckte hinter dieser unerfüllbaren Forderung die Strategie, eine Einigung verhindern zu wollen?

Selbstverständlich ist den Amerikanern seit den bahnbrechenden Verhandlungen zwischen Israel und Ägypten in Camp David 1978 und dem daraufhin von Roger Fisher entwickelten Harvard-Verhandlungskonzept klar, dass ein positives Verhandlungsergebnis mit der angestrebten win-win Situation ausschließlich durch sachbezogene Argumente herbeigeführt werden kann. Diese müssen die Interessen des Verhandlungspartners berücksichtigen, nicht die nach außen vertretenen Positionen.

Wenn nun also Tillerson tatsächlich die Beseitigung des von den Russen formal unterstützten Präsidenten Assad gefordert hätte, wären seine Gespräche von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Er hätte von seinem Gesprächspartner das Fallenlassen einer Position und damit eine offene Niederlage eingefordert.

Eine solche auf die formale Position des Verhandlungspartners gerichtete Forderung wird in meiner anwaltlichen Praxis oft von Mandanten erhoben, die ihre eigenen Position überschätzen, zudem die hinter der Position stehenden Sachargumente noch nicht ausreichend geprüft haben.
Ich versuche dann stets über eine Risikoanalyse die Bereitschaft für eine Mediation zu fördern. Zugleich erhoffe ich mir, die Einsicht für ein nachhaltiges win-win Ergebnis bei meinem Mandanten zu gewinnen. Selbst wenn ein absoluter Sieg im Rechtsstreit möglich wäre, hätte dieser Sieg langfristige Auswirkungen auf die zukünftigen Beziehungen der Parteien.

Zu oft überwiegen leider Selbstüberschätzung und Unwissen hinsichtlich der tatsächlichen „Überzeugungskraft“ der eigenen Argumente. Meist erst auf dem Schlachtfeld – hier zum Glück nur der Gerichtssaal – lassen sich die Parteien von den Vorteilen einer im Mediationsverfahren auszuhandelnden win-win Situation überzeugen.

Es bleibt zu hoffen, dass Politiker wie Tillerson und Lawrow es nicht auf eine reale Schlacht ankommen lassen, sondern wir im Streit um Positionen nur das medienwirksame Vorspiel zu vernünftigen Verhandlungen über sachbezogene Argumente erlebt haben und am Ende die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden können.