Grenzen der Mediation-Teil 1

Auf der Suche nach Themen und Situationen zur Veranschaulichung des Wesens der Mediation fiel mir der Leitartikel von Bernd Ulrich in der ZEIT Nr.10 „Frei schreiben“ besonders auf.
Bernd Ulrich beschreibt sehr treffend die Auswirkungen der Verhaftung des Journalisten Deniz Yücel auf das Verhältnis Deutschlands zur Türkei. So seien Präsident Erdogan weder die politischen noch die wirtschaftlichen Konsequenzen klar. Allein die Auswirkungen auf die Touristikbranche würden die wirtschaftlich ohnehin angeschlagene Türkei weiter schwächen. Zudem wäre eine Berichterstattung allein aus der Ferne dem Bild der Türkei im Ausland wohl kaum zuträglich, da in diesem Fall gerade die ebenso beachtenswerte Sichtweise verschiedenster Bevölkerungsgruppen in der Türkei keine Beachtung mehr fände.
Letztlich missachte Erdogan die Auswirkungen auf die in Deutschland lebende Bevölkerungsgruppe von immerhin 4 Mio Menschen mit türkischen Wurzeln.
Diese sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebenden Sichtweisen machen jedoch das große der Dilemma der Mediation deutlich-sie funktioniert nur, wenn sich beide Streitparteien beteiligen. Während man deutschen Politikern und Journalisten einen Sichtweisenwechsel wohl kaum absprechen kann, eher steht hier das wesentlich engagiertere Bemühen im Vordergrund, den Gegenüber zu verstehen, als eigene Interessen zu vertreten, scheint sich die türkische Seite einem Sichtweisenwechsel vollständig zu entziehen.
Dieses pubertäre und an die Aussage Rodericks aus Greg´s Tagebuch erinnernde Verhalten: „Leugnen, leugnen, leugnen…selbst wenn Du überführt bist…“, derzeit perfektioniert von Donald Trump, macht jeden Versuch einer Mediation unmöglich.
Mögen die dargelegten Sichtweisen der anderen Partei auch noch so plausibel sein, der allein am Machterhalt interessierte Politiker mit dem Ego eines Trump oder Erdogan wird stets leugnen, leugnen, leugnen.

Und an dieser Stelle muss dann auch der Mediator konsequentes Handeln einfordern nach dem Motto: Wenn Du glaubst nicht hören und stattdessen leugnen zu müssen, so musst Du fühlen.

Im Falle des oben zitierten Beispiels hätte es auch dem die Sichtweise des Mediators einnehmenden Bernd Ulrich zugestanden, konsequent z.B. ein Einreiseverbot für türkische Politiker, den Abzug deutscher Soldaten aus der Türkei oder Wirtschaftssanktionen zu fordern.

Auch in dieser fehlenden Konsequenz liegt oft eine Schwäche der Mediation – doch dazu mehr im nächsten Beitrag.