Grenzen der Mediation Teil 3 – Mediator als Medium

Nach der klassischen Mediationslehre wird angestrebt, die Medianten zu einem gegenseitigen „Verstehen“ zu führen. Die Parteien sollen nicht im Rahmen eines „faulen“ Kompromisses nachgeben müssen, sondern auf Grundlage einer neu gewonnenen Sichtweise eine eigene Lösung vorschlagen. Diese Lösung berücksichtigt dann idealerweise auch die Interessen des Gegenübers, konnten dessen Bedürfnisse und Gefühle doch erstmals wirklich gesehen werden.

Praktisch scheitert dieser Versuch des aufeinander Zuführens oft entweder an der Zeit oder am Geldbeutel der Parteien. Um eine andere Sichtweise einnehmen und diese zumindest als grundsätzlich akzeptabel anerkennen zu können, bedarf es oft erst eines „Durchlebens“ bzw. „Durchfühlens“ dieser zunächst ja unbekannten Haltung. Dazu braucht es viel Gesprächs- und Reflektionszeit. Nicht umsonst sprechen erfahrene Mediatoren von einer Mindestdauer von 10h für eine erfolgversprechende Mediation.

In der anwaltlichen Praxis steht diese Zeit oft nicht zur Verfügung. Wirtschaftslenker benötigen schnelle Erfolge, Trennungspaare sind die interne Auseinandersetzung leid, die Aussicht auf ein zunächst nicht unerhebliches Zeithonorar lässt die Hoffnung auf zukünftige erhebliche Prozesskosteneinsparungen oft zurücktreten.

In solchen Fällen greife ich als Rechtsanwalt & Mediator zu einer Kurz- oder Shuttlemediation und trete als „Medium“ für die Gefühle meiner Medianten auf. Ich versuche die Bedürfnisse der Parteien zu erspüren, auf den Punkt gebracht in Worte zu fassen und zurück zu spiegeln. Dabei gilt es, die verständlichen Widerstände der Medianten gegen die ungewohnte, neue Sichtweise zu überwinden und manchmal einen auf der Hand liegenden Lösungsvorschlag einfach zu präsentieren. Hierbei hilft mir auch meine rechtliche Sicht und die Lebenserfahrung aus 20 Jahren anwaltlicher Tätigkeit.

Brachten die Medianten ein Mindestmaß an Offenheit für eine einvernehmliche, moralische Lösung und Willen zur Reflexion mit, konnten in den von mir im Rahmen einer Kurz- oder Shuttlemediation geführten Gesprächen gute Ergebnisse für beide Parteien erzielt werden.

Dennoch werbe ich bei meinen Medianten stets für eine intensivere Auseinandersetzung mit ihren -den vorgetragenen Positionen zurunde liegenden- Bedürfnissen und Gefühlen.